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Peter Schärli Big Trio
featuring Sandy Patton and
Glenn Ferris
Thomas Dürst - Kontrabass
Glenn Ferris - Posaune
Antonia Giordano - Gitarre und Gesang
Sandy Patton - Gesang
Hans-Peter Pfammatter - Piano
Peter Schärli - Trompete
Die Fusionierung meiner beiden Bands Peter Schärli Trio featuring Glenn Ferris und Peter Schärli: "Don't Change Your Hair For Me" ist vom Publikum oft gewünscht worden. Wir setzen diese Idee um.
Porträt
«Traditionell» nennt Peter Schärli die Musik auf dieser CD. Aber was heisst «traditionell»?
Es geht darum, etwas weiterzuführen, dem das Vergessen und das Verschwinden droht. Etwas, das wir aus dem Blickwinkel verlieren, weil sich unser Horizont verengt, weil wir bei unserem besinnungslosen Vorwärtsdrängen nur noch in eine Richtung blicken oder hören und den weiten Horizont der Möglichkeiten aus Auge und Ohr verlieren. Mit etwas Abstand lässt sich das Lächerliche an der pausenlosen Optimierung, die eben auch ein pausenloses Vergessen ist, besser erkennen.
Wir haben inzwischen gemerkt, dass sich die unablässige Behauptung von einem voraussetzungslosen, absolut «Neuen» in den Künsten als ziemlich aufgeblasen erwiesen hat, als Hybris. Auch die Literatur kennt nur wenige Themen, und deshalb geht es weniger um das Erfinden, sondern um das immer wieder neue Übersetzen, Interpretieren und Variieren (selbst das Zerstören des Vorgefundenen ist an dieses Vorgefundene gebunden). «Nichts Gesagtes ist neu, nichts Gemeintes kommt aus dem Nirgendwo», hielt der Literaturwissenschaftler George Steiner fest. Und der Kunsthistoriker Ernst Gombrich meinte: «Selbst der grösste Künstler braucht ein Idiom für seine Arbeit. Nur die Überlieferung, die er vorfindet, versorgt ihn mit dem Rohmaterial an Bildern, die er braucht.» Der Philosoph Odo Marquard hat es auf den Punkt gebracht: «Zukunft braucht Herkunft.»
Entscheidend ist daher, wie mit dem Vorgefundenen umgegangen wird. Wer meint, dass es Peter Schärli und seiner Gruppe – im vorliegenden Fall – darum geht, das Rad zurück zu drehen, aus der Gegenwart zu flüchten, der irrt. Die Musik auf dieser CD ist keine Abwendung vom Hier und Jetzt, sondern die Anbindung des Hier und Jetzt an einen zeitlosen Fluss. Das nennt sich Kultur.
Und deshalb gibt es noch einen weiteren, weniger abstrakten Grund, sich diese Musik anzuhören.
Hier spielen Musiker und Musikerinnen, die sich in jahrelanger Zusammenarbeit aufeinander eingelassen und gegenseitiges Vertrauen aufgebaut haben, auf der Suche nach ihrem «Ton», ihrer «Sprache» – fern jeglicher Effekthascherei und aufgesetzter Attitüde. Sie lassen sich Zeit, um ihre Songs ruhig und gelassen zu entwickeln. Sie atmen durch – in einer atemlosen, hektischen Zeit. Sie suchen nach dem Mass in unserer Masslosigkeit. Und stellten sich damit gegen den kategorischen Imperativ der Leistungsgesellschaft, keine Zeit zu «verschwenden».
Man höre sich Nina Simones Song «Four Women» an. Ist das gestrig? Überholt? – Sicher nicht! Die vorliegende Interpretation schafft eine Stimmung, in der Innehalten, in der Begegnung möglich wird. Das ist souveräne, aus der Zeit gefallene Interaktion. Musik, die kann, die nicht muss (weil «müssen» ein totalitärer Ansatz wäre).
Weitere Worte erübrigen sich. Diese Musik spricht für sich ...
Meinrad Buholzer
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